Sr. Birgitta, Generaloberin
Schwester Mirjam
Wie kam ich zu meiner Entscheidung?
Der Missionskalender von 1966 der Weißen Schwestern von Afrika war der ‚Unruhestifter‘ und ‚Auslöser‘ und schenkte mir Klarheit: Ja, die Mission in Afrika ist mein Weg, der Ort für meine Berufung. Doch dann kam wie ein Blitz das Ende: Meine Mutter sagte nein zu meinem Entschluss (Meine Gesundheit lasse das nicht zu, das stimmt ja zugegebenermaßen).
Und nun? Und nun? Fragen und Zweifel verfolgten mich auch nachts. Bin ich wirklich berufen? – (ins Kloster?)
Schon vor und seit meinem 20. Geburtstag – inzwischen war ich 24 Jahre alt – wurde ich immer wieder (meistens von Ordensschwestern) beworben: ich könne doch gut ins Kloster gehen. Nein, einfach ins Kloster gehen, das ist nicht mein Weg. Dazu hat mich sicher Gott nicht berufen! Zumal ich ja keine besonderen pädagogischen und pflegerischen Talente und musikalischen Fähigkeiten hatte … Und vor allem: zu wenig vorbehaltlose Liebe!
Innige Gebetsbitten folgten: Gott zeig mir den Weg, den ich gehen soll! (Psalm 143,8)
Einer befreundeten Lehrerin erzählte ich von meinem geplatzten Missionseinsatz und sie tröstete mich: Deutschland ist auch Missionsgebiet! Aber wo? Wohin soll ich mich wenden? Nach langer, reiflicher Überlegung konzentrierte sich meine Suche auf eine kleine, möglichst franziskanische oder marianische Gemeinschaft. Aber wo finde ich diesen Ort? Meine „Anfragen gleichen Inhalts“ schickte ich an drei Klöster in der Heimat. ‚Hängen‘ blieb ich bei den Franziskanerinnen in Schwäbisch Gmünd (deren Lebensweise und Aufgaben waren – so schrieb mir die damalige Oberin vorab: Aus der Kraft der ewigen Anbetung versuchen die Schwestern ihre Gottes- und Nächsten-Liebe durch ihren Dienst bei Kindern, kranken und alten Menschen zu tun). Das war es! Da möchte ich mit leben und in der Kraft der eucharistischen Anbetung deren Aufgaben mittragen.
Zu dieser Entscheidung konnte meine Mutter nicht mehr Nein sagen – auch wenn der Ort 150 km von zuhause entfernt liegt (Schwarzwald-Vorebene). Es folgten jetzt 5 Monate zeitintensiven Vorbereitens: Kündigung der Arbeitsstelle (Büro in einem Säuglings- und Kleinkinderheim) und manches andere Abschiednehmen. Ich sagte mir auch: ‚Wenn du schon die Welt verlassen möchtest, dann musst du sie vorher noch gesehen haben!‘ – (Meine Jugend verbrachte ich ohne Ferienaufenthalte). Im April 1967 nahm ich deshalb an einer 10-tägigen Pilgerreise nach Rom und Umgebung teil; deren historische Stätten mir tiefe Eindrücke und Bewunderung schenkten. („Sieh und erlebe Rom und stirb!“ ist eine gebräuchliche Feststellung.“)
Die nächsten Schritte (in die Gemeinschaft und bei der Tätigkeit)
An Maria Himmelfahrt – 15. August 1967 – (ich war damals 24 Jahre alt) war mein Ordenseintritt bei den Franziskanerinnen der ewigen Anbetung von Schwäbisch Gmünd – die ihren Sitz damals „im Canisiushaus“ Heugenstraße hatten bis zum Bezug des Klosterneubaus in 2020 an die Bergstraße. Mein einziger Bruder fuhr mich mit dem Pkw mit Sack und Pack zur Klosterpforte. Irgendwie war es mir mulmig und bange: Was kommt jetzt auf mich zu? Wer wird mit mir zusammen in einem Konvent sein? Wie wird mein Lebensumfeld sein? Welche Generationen? Niemand hat mir bis dahin Konkretes erzählt, wie so der Alltag bei den Schwestern aussieht, ob sie einander verstehen und Geduld und Verständnis füreinander haben – und ob sie in ihrer Tätigkeit, z.B. als Erzieherin, Krankenschwester, Altenpflegerin oder in der Hauswirtschaft, im Garten usw., glücklich und zufrieden sind. Ich beobachtete sie genau. „Seht wie sie einander lieben!“ (Apg 4,32) Dementsprechend war ich neu- und wissbegierig. Fast alles war Neuland für mich, z.B. das tägliche gemeinsame Stundengebet (Offizium): Laudes (Morgenlob); besonderer Schwerpunkt ist auch heute noch das Abendlob (die Vesper) – zur Ehre Gottes – für die Kirche und mit der Kirche, und die Teilnahme an Besinnungstagen und Exerzitien. Das Schweigen am rechten Ort und zur bestimmten Zeit war ein längerer Lernprozess, denn ich bin von Natur aus ein kommunikativer Mensch, dem Freude und Humor einfach wichtig und zum Alltag gehört. Die tägliche Eucharistiefeier war Mittelpunkt des Tages. Sehr gespannt war ich, welche Aufgabe mit übergeben wird – was meine Reich-Gottes-Arbeit sein wird.
Als Schulentlassene hatte ich den Wunsch zur Ausbildung und Tätigkeit als Kindergärtnerin. Dazu gab mir meine Mutter keine Erlaubnis. Sie ‚steckte‘ mich in eine Handelsschule (Privatschule für kaufmännische Büroausbildung) – und so war ich dann von 1959 – 1965 als Büroangestellte /Fakturistin) in einer Großhandlung (für Lebensmittel und 2.500 verschiedenen andere Dinge) beschäftigt. Nach diesen 6 Jahren war mir ein Ortswechsel wichtig. Von 1965 – 1967 (also 2 Jahre vor meinem Klostereintritt) war ich dann im Büro eines Säuglings- und Kleinkinderheimes auf den Fildern tätig. Hier gab es neben Büroarbeit auch viel Kontakt zu den ‚Kleinen‘ (die meistens von der Geburtsklinik bis zum 4. Lebensalter dort waren). Das machte mir viel Spaß und Freude und ich ‚genoss‘ die Zuwendungen der Kleinen.
Meiner Oberin erzählte ich beim Eintritt u.a. von meinem früheren Wunsch als Kindergärtnerin zu wirken. Daraufhin hatte sie den Plan, mich in das Gmünder Erzieherinnen-Seminar schicken und nachher im Kinderheim Canisiushaus zu arbeiten. Da ich jedoch keine Fachschulreife hatte, war Voraussetzung zur Ausbildung: 1 Jahr pädagogisches Vorpraktikum, das ich dann in einer Heimgruppe im Canisiushaus machen durfte – und auch hier hatte ich schnell Kontakt zu dem Buben, Alter 10 – 15 Jahren und zur Gruppenleiterin.
Doch als die Verantwortliche in der Verwaltung des Klosters von den Obern erfuhr, dass ich anschließend ins Erzieherinnen-seminar sollte, bat sie darum, mich zu ihr in die Verwaltung zu schicken, da ich ja bereits Büro-Ausbildung mitbrachte. Und so geschah es. Bis 2012 war ich also in der Verwaltung tätig. Im Canisiushaus war die Tätigkeit in den ersten Jahren: vor allem Zahlungsverkehr, Lohnabrechnungen, teilweise Entgeltabrechnungen mit den Jugendämtern und Schriftverkehr. Nach dem Umzug in das neue Kloster war es hauptsächlich Buchhaltung, Rechnungswesen, zeitweise auch Vermögensverwaltung und die Personalverwaltung. 2013 wurden alle diese Aufgaben an zwei Dienstleistungseinrichtungen übertragen. Diese Tätigkeiten hatten mir immer Spaß gemacht, wenn es auch zeitweise Meinungsverschiedenheiten und Konflikte gab… Seit diesem Zeitpunkt (also ab 2013) gibt es für mich nur noch ‚Kleinigkeiten‘ im Büro zu erledigen (Mutterhaus-Kasse und Kontakte mit den Kranken- und Pflegekassen u.ä.) – Doch auch diese Arbeiten machen mir Freude, weiß ich doch: alles was ich tue, geschieht zur Ehre Gottes und im Auftrag der Gemeinschaft.
Schwester Mirjam
Bedeutung meines Schwesternnamens
Vor meiner Einkleidung (nach Kandidatur und Postulat) durfte ich der Ausbildungsleiterin 3 „Wunschnamen“ nennen, von denen mir wahrscheinlich 1 bei der Einkleidung gegeben wird. – Da mein Taufname Maria ist und ich meine Namenspatronin – die Mutter Jesu – sehr liebte und verehrte, der Name Maria aber schon in der Gemeinschaft als Ordensname da war – wählte ich den Namen Mirjam. Das ist die hebräische und lateinische Übersetzung für Maria. Auch die Schwester von Mose und Aaron hieß Mirjam (Altes Testament – 2. Mose 2.1-10). Ich freue mich sehr über diesen Namen und trage ihn sehr gerne. Und ich bin nach wie vor große Marienverehrerin und ‚Bittstellerin‘ bei ihr und ihrem Sohne.
Ausblick in die Zukunft
Vieles, ja sehr viel hat sich gewandelt in den 54 Jahren meines Mitlebens hier in der Gemeinschaft der Franziskanerinnen. Im August 1967 bei meinem Eintritt waren wir 98 Schwestern – heute im Juli 2021 sind wir 19 Schwestern.
In den kommenden Jahren wird sich gewiss auch noch vieles in unserem Kloster verändern und wandeln … und die Zahl der Schwestern kleiner werden.
Mirjam ist die hebräische und lateinische Übersetzung für Maria
Gedenktafeln im Kreuzgang des Klosters.