800 Jahre Krippenspiel

Aus Anlass des ersten Krippenspiels des hl. Franziskus in Greccio vor 800 Jahren fand am Sonntag, den 3. Dezember eine Matinee zur Krippenausstellung im Kloster mit einem Vortrag von Paul Stollhof statt.

Aus Anlass des ersten Krippenspiels des hl. Franziskus in Greccio vor 800 Jahren fand am Sonntag, den 3. Dezember eine Matinee zur Krippenausstellung im Kloster mit einem Vortrag von Paul Stollhof statt. Eine gekürzte Version des Vortrags möchten wir Ihnen hier anbieten:

 

800 Jahre Krippenspiel

Der hl. Franziskus von Assisi inszeniert 1223 das Weihnachtsgeschehen als Friedensbotschaft von der Menschwerdung des demütigen Gottes in Greccio, einem kleinen Ort etwa 50 km von Rom entfernt, auf seine ganz eigene Weise: „Ich möchte… das Gedächtnis an jenes Kind begehen, das in Bethlehem geboren wurde, und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen.“ (Thomas von Celano, Biograf des hl. Franziskus)

Einer italienischen Historikerin ist aufgefallen, dass die Inszenierung des Franziskus reduziert ist auf die Futterkrippe, das Heu, auf Ochs und Esel. Die übrigen Protagonisten fehlen: Maria und Josef, das Kind, die Hirten, die Engel, die Könige. Zudem geschieht bei dieser Inszenierung etwas Unerhörtes: Die Eucharistie wird dabei in einer Höhle auf einer Futterkrippe statt auf einem Altar gefeiert. Das war kirchenrechtlich nicht erlaubt!

Franziskus „spielt“ nicht das Geschehen der Heiligen Nacht um Geburt und Botschaft der Engel; er zeigt konkret die Not, die Armut, die Niedrigkeit, das Ausgesetzt-sein, in das Gott in seiner Menschwerdung kommt, um sie ganzheitlich erlebbar zu machen. Er verbindet Futterkrippe und Heu mit den alltäglichen Zeichen der Eucharistie – Brot und Wein, durch die er hindurchsieht und diesen die Demut Gottes wiederfindet, die sich hingibt in die Hände von Menschen und sich verzehren lässt.

Wir sind damit am innersten Kern franziskanischer Spiritualität. Denn franziskanisch leben heißt, aus der Freude zu leben, dass Gott Mensch wird, er sich aus unaussprechlicher Liebe ganz hingibt, um Bruder aller Menschen zu sein, von dir und mir und euch und uns, und um uns zu Brüdern und Schwestern zu verwandeln.

Der italienischen Historikerin ist auch aufgefallen, dass zwar die Mit-Spieler des biblischen Geschehens fehlen, weil es um Gott und seine Demut geht, dass aber Tiere – Ochs und Esel – in der Tradition der Kirchenväter der alten Kirche wie Augustinus oder Gregor der Große zur Krippe kommen als Platzhalter für das jüdische Volk und die Völker der Heiden. Gottes Menschwerdung zielt nicht nur auf die Gläubigen, sie zielt gleichermaßen auf Juden und Heiden. Wie die Menschen aller Religionen, wie Juden und Muslime heute in besonderer Weise, sollen sie Brüder und Schwestern werden.

Während in der christlichen Welt des 12 und 13. Jahrhunderts die Waffen klirrten, Kriegsgeschrei und Kreuzzugspropaganda selbst in der Liturgie zu hören waren und Päpste aufforderten, gegen „die gottlosen“ Sarazenen zu ziehen, brach Franziskus dreimal als Friedensbote in den Nahen Osten auf und sandte 1217 Brüder als gewaltlose Boten des Evangeliums bis an die „Grenzen der Erde“. Was für eine Weihnachtsbotschaft 2023, wo Antisemitismus sich bis in die Mitte unserer Gesellschaft verbreitet, jüdische Menschen das Vertrauen und das Gefühl der Sicherheit verlieren, wo Muslimen mit Misstrauen und Vorbehalt begegnet wird.

2019 traf sich Papst Franziskus in Abu Dhabi mit Scheikh Ahmad Al-Tayyeb von Kairo und unterzeichnete mit ihm ein Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen, ein Aufruf für Frieden, Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit. „Im Namen Gottes, der alle Menschen mit gleichen Rechten, gleichen Pflichten und gleicher Würde geschaffen hat und der sie dazu berufen hat, als Brüder und Schwestern miteinander zusammenzuleben, die Erde zu bevölkern und auf ihr die Werte des Guten, der Liebe und des Friedens zu verbreiten nehmen wir in Gottes Namen die Kultur des Dialogs als Weg, die allgemeine Zusammenarbeit … und das gegenseitige Verständnis als Methode und Maßstab an.“ Über die Brüderlichkeit aller Menschen, Abu Dhabi, 4. Februar 2019)

Aus dem Vortrag von Paul Stollhof bei der Matinee 
am Ersten Advent im Kloster.

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